Arnold Schönberg Center - Brief Datenbank

Letters Details


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Date from letter: 1912.12.28 Filing Element: 1912.12.28
ID: 303
URN: https://repo.schoenberg.at/urn:nbn:at:at-asc-B003033
From
Name: Schönberg, Arnold
Address: Villa Lepcke, Machnower Chausse & Dietloffstrasse, Berlin-Zehlendorf, Wannseebahn, Deutschland
City: Berlin
Country: Deutschland
To
Name: Berg, Alban
Title: Herr
Address: Trauttmansdorffgasse 27, Wien XIII, Österreich
City: Wien
Country: Österreich
First Line: meinen herzlichsten Dank für das schöne Weihnachts
Postmark date and place: 1912.12.28, Zehlendorf (Wannseebahn)
Additional enclosures: envelope
Language: G, German
Transcribed
VersionFormatfolSourceLocation in source
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Final versionprinted (1p.)1p.MaegaardJ-1p. 84 (partial)
Final versionprinted (1p.)1p.Schoenberg-NonoN-1p. 112 (partial)
Final versionprinted (1p.)1p.GA Reihe B/Band 18,3p. XXIII (partial)
Final version translation, Englishprinted (1p.)1p.BrandJ-1p. 9
Final version translation, Englishprinted (1p.)1p.BrandJ-2p. 137
Final versionprinted (3p.)3p.BrandHaileyMeyerI. p. 331-333
Final versionprinted (2p.)2p.GA Reihe B/Band 16,3p. 146 (partial)
Final versiontranscription (partial)1p.GA Reihe B/Band 10p. 271 (partial)
Version: Final version translation, English
Text:

My warmest thanks for the beautiful Christmas gift. I'm looking forward to reading it.



 


Text: Arnold Schönberg, Berlin-Zehlendorf-Wannseebahn
Machnower Chaussee, Villa Lepcke.

28 / 12. 1912

Lieber Freund, meinen herzlichsten Dank für das schöne Weihnachtsgeschenk. Ich freue mich sehr aufs Lesen. Und es ist für mich ein so angenehmer Gedanke, dass meine Freunde sich soviel Mühe geben, mir eine Freude zu machen. Dass sie sich so meinethalben die Köpfe zerbrechen, bis sie gefunden haben, was meinem und ihrem Geschmack zusagt, dass sie sich so intensiv mit meinen Neigungen befassen ist für mich immer eine Sache, die mich sehr berührt. Nochmals herzlichsten Dank.
Nun zu Ihrem Brief: Selbstverständlich sollen Sie die Gelegenheit, praktisch zu musicieren unbedingt benützen und die Proben zu den Gurrelieder Chören und zu den Solis unbedingt machen. Es wird zwar für Sie, der Sie sowas zum erstenmal machen nicht leicht sein. Deshalb möchte ich Ihnen das Wichtigste rasch sagen, was auch meiner Erfahrung entspricht. Nämlich: wenn Sie unterbrechen (und Sie müssen sooft unterbrechen, als Sie einen Fehler 1.) hören und 2.) wissen, wie es zu verbessern ist), müssen Sie sich so kurz und klar ausdrücken, als es möglich ist. Möglichst wenig reden. Niemals geistreich sein. Vor allem aber: es giebt nur folgende Arten von Fehlern.

1. falsche Noten (eventuell falsche Intonation)
2. falscher Rhytmus (” ” Deklamation Textaussprache!)
3. falsche Dynamik ( p, f)
4. falsche Phrasierung

Es giebt demnach keine anderen Korrekturen und Erklärungen als:
1) g (statt gis; zu hoch, zu tief,)
2) den richtigen Rhytmus vorzeigen! (schärfer, weicher)
3) p und f, stärker oder schwächer verlangen
4) Die Atemeinholung, die Betonung (p , f), die Absätze und Anfänge korrigieren.

Letzteres (4) gehört schon zur feineren Ausarbeitung. Wenn man etwas vom Singen versteht, kann man ja manches technische noch sagen. Man kann auch noch auf gute Textaussprache achten, aber alles andre, insbesondere: Stimmungen, Ideen, Schönheit, Karakter und alles Poetische ist von Uebel!! Das ist für uns, aber nicht für den Chor! Glauben Sie mir das und beherzigen Sie es, so rasch Sie können. Ich musste es auch lernen. Und die Kunst besteht darin p u. f so richtig zu verlangen, dass dadurch allein alles andere mitkommt. Das ist nicht von mir, sondern von allen Kapellmeistern; aber es ist trotzdem wahr!
Also: Glück auf ! Berichten Sie mir!
Es ist mir sehr peinlich, dass Herzka Ihre Arbeit an den Gurreliedern so schlecht bezahlt. Ich habe ihm eigens geschrieben, er müsse das gut bezahlen. Aber man kommt ja nicht auf. Uebrigens müssen Sie sichs nicht gefallen lassen. Verlangen Sie einfach so viel, als es Ihnen Zeit nimmt. Machen Sie das mit ihm aus, dass er Ihnen Ihre Zeit zu einem bestimmten Satz bezahlt. Wenn es ihm zu teuer ist, dann soll er sein Bureau besser organisieren!
Die Fehler in der Gurre Partitur: Seite 174, das etwas zurückhalt steht an der richtigen Stelle! Es sollte nur größer, auf die ganze Seite bezogen, geschrieben sein. Von hier an sollen die Noten schwerer, ritardierend gesungen werden. – Ich sehe eben noch einmal nach und finde, dass Sie Recht haben: es gehört wirklich einen Takt früher! – Seite 139 6ter Takt oberes System enthält außer der falschen Oboen-Stimme (fis, e, d muss sie heißen) noch viele andere Fehler. Die Stelle ist reines D-Dur, es fehlen also # zu fis und cis, [Auflösungszeichen] zu h und e. Und zwar:

II. Fagott I. Viertel fis #; II. Viertel e [Auflösungszeichen]
I. ” 3. ” fis #
I. Vcll 1. ” fis #; 2. ” e [Auflösungszeichen]
II. ” 2. ” h ([Auflösungszeichen])
und Ctr. Fagott
” Bass 4. ” e([Auflösungszeichen]) (im nächsten Takt)
I. Bratsche e [Auflösungszeichen] ebenso im nächsten Takt
II. ” ”

Das kann lieb werden! Soviel Fehler habe ich noch nie gemacht!
Noch rasch von Petersburg: die Aufführung war gut aber nicht so gut wie Amsterdam. Zu wenig Proben ! Aufnahme sehr warm!
Nun noch viele herzliche Grüße Ihnen und Ihrer Frau Ihr Arnold Schönberg
 
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